• Mutig, trotzig, selbstbestimmt – Nidwaldens Weg in die Moderne

    1798 lehnen die Nidwaldner die helvetische Einheitsverfassung wiederholt ab und fordern die übermächtigen Franzosen sogar zum Krieg heraus. Die Schlacht vom 9. September 1798 fordert über 400 Tote und stürzt Nidwalden in ein langjähriges Trauma. 1954 will die Nidwaldner Landsgemeinde die Öffnung des Voralpen- Kantons. Das Volk fordert sowohl einen Nationalstrassen- wie auch einen besseren Eisenbahnanschluss und nimmt dafür sogar den Verlust an Gemeindeautonomie und Kulturland in Kauf.

     

    Zwei Ereignisse – zwei stark entgegen gesetzte Positionen: das eine Mal die totale Verweigerung, das andere Mal die wählerische Zustimmung. Solche Widersprüche bilden in der Geschichte Nidwaldens keine Einzelfälle. Auch 1814 und 1815 verweigert der Kleinkanton mehrmals den Zuspruch zur eidgenössischen Einheit und gerät beinahe erneut in eine militärische Auseinandersetzung. Ganz im Gegensatz dazu steht die Abstimmung am 1. Dezember 1996, als das Volk die Landsgemeinde abschafft. Ein deutliches Zeichen für Reformwillen!

     

    Typisch Nidwalden, könnte man folgern. Die Entwicklung vom bäuerlich geprägten Kleinkanton zum modernen Staat war stets hindernisreich. Wiederholt widersetzten sich die Nidwaldner dem Anpassungsdruck, den der Wandel von Gesellschaft und Wirtschaft in der übrigen Schweiz verursachte. Sture Nidwaldner? Die Realität ist komplizierter. Nebst einer gehörigen Portion Selbstbehauptungswille war auch ein Kampf um die Privilegien der herrschenden Klasse im Spiel. Zum Bollwerk gegen eine Modernisierung und Öffnung gehörte die katholisch konservative Elite, die der Gesellschaft bis weit ins 20. Jahrhundert den Weg wies.

     

    Hinterwäldlerkanton Nidwalden? Keineswegs. Fortschrittliche Persönlichkeiten brachten erstaunliche Pionierwerke hervor: etwa die erste Acheregg-Brücke von Kaspar Blättler 1860 oder die «Ideal-Anlage» Hotel Fürigen der Familie Odermatt in den 1930er-Jahren. Und 1965 eine moderne, landesweit beachtete Kantonsverfassung. Was bewirkte die Öffnung, die 1964 mit dem Anschluss ans schweizerische Eisenbahn- und Autobahnnetz Fahrt aufnahm und aus der ländlich-abgeschiedenen Region schrittweise einen Transitkanton machte?

     

    Historische Dauerausstellung im Salzmagazin des Nidwaldner Museums in Stans, Eröffnung 19. März 2016

    Jürg Spichiger, Kurator, www.nidwaldner-museum.ch