Schreibrausch

«Schreibrausch» thematisiert die Verbindung ekstatischer Momente und literarischer Inspiration. Als «furor poeticus» existiert seit der Antike die Vorstellung, dass wahre Literatur nur im Zustand rauschhafter Entrückung geschrieben werde. Die Ausstellung im Strauhof will dieses Phänomen in all seinen Höhen und Tiefen ausloten.

Zum einen ist die Ausstellung den diversen Schreibprozessen und -praktiken gewidmet: Wie bringt man sich zum Schreiben? Was tun, wenn es nicht läuft? Diese Frage treibt Schriftstellerinnen und Schriftsteller seit jeher um. Und sie bedienen sich dabei verschiedener Methoden, um in Schreibfluss zu gelangen, der sich dann bestenfalls bis zum Schreibrausch steigern kann. Neben substantiellen Enthemmern wie Alkohol, Opiaten und anderen Stimulanzien gibt es auch experimentelle Techniken, um ein gelöstes Schreiben zu befördern – so zum Beispiel die «écriture automatique» der Surrealisten oder das Cut-Up-Verfahren der Beat-Literaten. Nicht zuletzt zielen solche Experimente im Resultat auch darauf ab, durch die Texte selbst einen Rauschzustand zu erzeugen oder mindestens eine rauschhafte Wahrnehmung zu simulieren.

Zum anderen beleuchtet die Ausstellung dann spezifische Ausprägungen rauschhaften Schreibens: So schwierig der Anfang mitunter auch sein kann – umso grösser ist die Euphorie, wenn das Schreiben plötzlich wie von selbst läuft. Die Literaturgeschichte kennt zahlreiche Aussagen, die von solchen Momenten höchster Produktivität sprechen. Doch wie manifestiert sich der flüchtige Augenblick des Rausches? Blitznotizen, randvoll beschriebene Blätter, verdichtete Texte oder hektische Schriftzüge, ellenlange Papierrollen und mehrfach angeklebte Manuskriptstreifen zeugen noch heute sichtbar von der besonderen Intensität beim Schreiben. Nicht immer entsteht dabei Sinnvolles und Verständliches. Der Rausch ist nur die eine Seite, auf ihn folgen oft zähe Stunden der Überarbeitung.

Die Ausstellung geht den Spuren und Geschichten solch rauschhafter Schreibmomente nach und stellt schliesslich auch die Frage nach der Kehrseite des Rausches: seiner lähmenden Wirkung sowie seiner pathologischen Seite bei zwanghaftem Schreibverhalten.